Kommunalaufsichtsbeschwerde wegen verweigerter bzw. unzumutbar eingeschränkter Akteneinsicht – mutmaßlicher Verstoß gegen §§ 55 Abs. 2 und 5 Satz 1, 56 Abs. 1 GO NRW

Gemeinsame Beschwerde der Vorsitzenden von Grüne, FDP, BSW u. BAFuB an den Landrat des Rhein-Erft-Kreises

24.06.2025 Allgemein Meldungen FDP Frechen

Sehr geehrte Damen und Herren,

in unserer Funktion als Ratsmitglieder der Stadt Frechen erheben wir hiermit formell Beschwerde wegen einer mutmaßlichen Verletzung unserer Rechte nach § 55 Abs. 2 und 5 Satz 1 GO NRW.

Zum Sachverhalt:

In Frechen wird aktuell das örtliche Freibad umfassend saniert.

Die Umsetzung dieses Bauprojektes verläuft schleppend und der zuständige Betriebsausschuss für den Freizeit- und Bäderbetrieb war wiederholt mit durchaus als außerplanmäßig zu bezeichnenden Fragestellungen befasst. Bereits häufiger wurde seitens der Ausschussmitglieder die Informationspolitik der zuständigen Fachabteilung kritisiert. Wiederholt hatte das Rechnungsprüfungsamt Prozessschritte der Verwaltung angemahnt.

Nachdem sich bereits mehrfach die Fertigstellung des Projektes verzögert hatte – was nicht nur mit Blick auf die Erwartungshaltung der Bürger ein Problem ist, sondern auch immer wieder die Rückforderung von Fördermitteln im Raum steht, die einen Fertigstellungstermin zur Bedingung haben – wurde am 05.05.2025 der Ausschuss darüber informiert, dass man den avisierten Wiedereröffnungstermin im Juli 2025 nicht würde halten können und dass man sich aus diesem Grund von dem beauftragten Architekturbüro getrennt habe.

Diesbezüglich werden jetzt seitens der Ausschussmitglieder unterschiedliche

Fragestellungen an die Verwaltung herangetragen – insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass Probleme mit dem Architekturbüro seit Beauftragung in 2023 nie ein Thema im Ausschuss waren.

Zum einen steht der weitere Fortgang der Bauarbeiten in Frage. Zum anderen ist offen, wer jetzt für diese Bauverzögerungen in der Verantwortung steht und wer gegen wen Ansprüche geltend machen kann und wird. Das Problem einer möglichen Verpflichtung zur Rückzahlung der Fördermittel bleibt virulent.

Und so haben im Nachgang zu der letzten Sitzung des Betriebsausschusses sowohl der Vorsitzende des Ausschusses als auch die Fraktionen der FDP und Bündnis 90/Die Grünen einen Antrag auf Akteneinsicht gestellt. Diesem schlossen sich formal im Nachgang auch die Fraktionsvorsitzenden von BSW und CDU ebenfalls an.

Trotz des Antrags auf Akteneinsicht (siehe Anlage), insbesondere auch in die Protokolle des Verwaltungsvorstandes, wurde die Einsichtnahme unter Bedingungen angeboten, die das Akteneinsichtnahmerecht faktisch ausgehöhlt haben:

  • Der Termin zur Akteneinsicht wurde einseitig auf einen Brückentag (Freitag nach Fronleichnam) gelegt, an dem in der Verwaltung kein fachlich versierter Ansprechpartner zur Verfügung stand.
  • Anwesend waren dennoch fünf Vertreter aus fünf Fraktionen (drei Fraktionsvorsitzende, der Vorsitzende des Betriebsausschusses für den Freizeit- und Bäderbetrieb und Sport (BA FuB) und eine sachkundige Bürgerin), denen nur ein Laptop zur Verfügung gestellt wurde, der für die Anwesenden über einen Großbildschirm einsichtig war.

Es hatte immer nur eine Person Zugriff auf das Laptop, auf dem ausschließlich ein Mailaccount eingeblendet wurde. Wenn mehrere Personen gleichzeitig Einsicht nehmen wollen, aber nur ein Gerät zur Verfügung steht, kommt es zwangsläufig zu Wartezeiten und einer Einschränkung der eigenständigen Prüfungsmöglichkeiten. Dies verhindert eine konzentrierte, unabhängige und ggf. auch vertrauliche Sichtung der Unterlagen durch jedes einzelne Ratsmitglied. Hinzu kommt, dass bei unterschiedlichen Interessenlagen und Fragestellungen nicht alle gleichzeitig gezielt nach relevanten Informationen suchen können. Die Kontrolle der Verwaltung durch die Ratsmitglieder wird dadurch faktisch ausgehöhlt, da eine effektive und gleichberechtigte Ausübung des Akteneinsichtsrechts nicht möglich ist.

Als „Aufsicht“ wurde ein Mitarbeiter des städtischen Bäder- und Freizeitbetriebs entsandt, der als Bademeister keinerlei Auskünfte geben konnte. Unseres Erachtens dient das Recht auf Akteneinsicht der Kontrolle der Verwaltung und der Vorbereitung von Entscheidungen – dies setzt voraus, dass die Ratsmitglieder die Unterlagen eigenständig, umfassend und ohne zeitliche oder technische Einschränkungen prüfen können. Der Mitarbeiter des städtischen Bäder- und Freizeitbetriebs sprach ein pauschales Photographierverbot im Namen der Verwaltung aus. In digitaler Form wurden ausschließlich etwa 8.000 unsortierte E-Mails präsentiert.

Es wurden keine Akten in Form von chronologisch abgelegten Dateien zur Verfügung gestellt. Die Anwesenden bekamen keinen Einblick in die relevanten Verträge. Es gab keinen Einblick beispielsweise in die Korrespondenz mit dem Architekturbüro, die einen Rückschluss darauf zuließe, ob man hier Fristen gesetzt oder dieses abgemahnt habe.

Ebenso erfolgte keine Vorlage der erbetenen Unterlagen, die den verwaltungsinternen Abwägungs- bzw. Entscheidungsprozess hinsichtlich der zu „optimistischen Einschätzung der vorhandenen Technik“ dokumentieren.

Zu der Vergabe der Fördermittel gab es keine Korrespondenz in dem zur Verfügung gestellten Mailaccount.

Eine E-Mail der Allgemeinen Vertreterin an eine Mitarbeiterin der Rechtsabteilung vom 30.05.2025 enthielt die Anweisung, dass die Einsicht in die Protokolle des Verwaltungsvorstandes zu unterbleiben habe. Eine Begründung hierfür enthielt die Mail nicht.

An dem Termin der Akteneinsichtnahme hat in Vertretung der ursprünglich vorgesehenen CDU-Fraktionsvorsitzenden eine sachkundige Bürgerin teilgenommen. Hier bitten für zukünftige Fälle um Mitteilung, ob ein solcher Vertretungsfall rechtlich vertretbar ist, obwohl die Gemeindeordnung lediglich Ausschussvorsitzende bzw. Ratsmitglieder sowie Mitglieder von Bezirksvertretungen als Berechtigte vorsieht.

Nachdem die Allgemeine Vertreterin über ihr Büro nicht zu erreichen war, rief der

Vorsitzende des BA FuB diese auf ihrem Mobiltelefon an und fragte nach den

Protokollen des Verwaltungsvorstandes (VV). Auf unsere Beschwerde reagierte

Frau van Cleef mit völligem Unverständnis, es läge wohl ein Missverständnis in Bezug auf unser Akteneinsichtnahme Ersuchen vor und die Protokolle des VV müssten erst noch ausgewertet werden. Zudem erwähnte die Allgemeine Vertreterin im ersten Teil des Telefonats, das nur mit dem Ausschussvorsitzenden geführt wurde, auch Papiervorgänge in der gegenständlichen Sache, die am Tag der Akteneinsichtnahme den Berechtigten nicht zur Einsichtnahme vorlagen.

Hierzu möchten wir Folgendes anmerken:

Die grundsätzliche Art der Aktenführung in der Frechener Verwaltung – ein Teil der Unterzeichnenden hat in der Vergangenheit auch in anderen Angelegenheiten Akteneinsicht genommen – ist entweder ungeeignet, Arbeits-und Entscheidungsabläufe effizient und konsequent nachzuvollziehen, oder aber den Ratsmitgliedern werden in unzulässiger Weise aufbereitete Akten oder wie es in der o.g.Email auch anklingt, nach Sichtung angeboten.

Nicht zuletzt sind die zur Verfügung gestellten Akten nie geeignet, in einem Gerichtsverfahren Beweis zu führen.

Dass es schützenswerte Daten geben mag, wird diesseitig nicht in Abrede gestellt, aber in einem solchen Fall hat sich bei allen möglichen Behörden das Schwärzen höchstpersönlicher oder sonst sensibler Daten als probates Mittel erwiesen.

Die Protokolle des VV enthalten wohl eher politisch pikante Informationen denn schützenswerte Daten, die ein völliges Vorenthalten wie angewiesen rechtfertigen würden.

Auch das pauschale Verbot, Photographien anzufertigen, ist nicht zu rechtfertigen.

Es wäre ein Leichtes gewesen, den Unterzeichneten eine Cloud-Lösung anzubieten, durch die man sich dann hätte durcharbeiten können.

Diese Form der Akteneinsicht erfüllt weder die gesetzlichen Anforderungen an Transparenz noch die Grundsätze rechtsstaatlicher Kontrolle. Es handelt sich faktisch um eine Verweigerung der Akteneinsicht, da eine geordnete Prüfung nicht möglich war. Die Informationsrechte der Ratsmitglieder wurden dadurch planmäßig und nahezu vollständig ausgehöhlt.

 

 

Wir bitten Sie daher um:

 

  1. aufsichtsrechtliche Prüfung,

 

  1. Feststellung des Verstoßes,

 

  1. Maßnahme nach § 123 GO NRW, insbesondere Anweisung an die Verwaltung der Stadt Frechen, die Akteneinsicht unter zumutbaren und rechtskonformen Bedingungen unverzüglich zu gewähren.

Für Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.